Resonanzen – Phänomene in Gruppen für die psychische Entwicklung

Dr. Jens Beljan

Institut für Erziehungswissenschaft (FSU Jena), Wissenschaftlicher Begleiter im Bereich Schulentwicklung der Universaale Schule Jena am Lehrstuhl Schulpädagogik und Schulentwicklung

 

Psychosoziale Störungen sind oft auch das Ergebnis gesellschaftlicher Konstellationen und kultureller Formationen. Die Resonanztheorie ermöglicht es psychische Erkrankungen wie Depression und Burnout aus der Perspektive beschädigter oder defizitärer Weltbeziehungen zu betrachten und sie als Folge von Entfremdung zu re-interpretieren. Dabei lassen sich drei Qualitäten von Weltbeziehungen kategorial voneinander unterscheiden. Während sich in gelingenden Weltbeziehungen Selbst und Welt in einem Modus der Resonanz, d. h. des wechselseitigen Antwortens, Erreichens und Berührens begegnen, ist eine defizitäre Weltbeziehung durch Entfremdung gekennzeichnet. Entfremdung entsteht, wenn sich Selbst und Welt dauerhaft repulsiv (abwehrend, zurückweisend und feindlich) oder aber indifferent (gleichgültig, nichtssagend und schweigend) gegenüberstehen.

Während der Vortrag einen Überblick über zentrale Annahmen der Resonanztheorie gibt, werden im Seminar Möglichkeiten erkundet, wie das Resonanzprinzip auf psychosoziale und therapeutische Kontexte übertragen und in diesen angewendet werden kann.

Kreative Übersetzungsarbeit in therapeutischen Gruppen

Dipl.-Psych. Kathrin Albert

Psychoanalytikerin und Gruppenanalytikerin in eigener Praxis in Berlin-Friedenau, Klein- und Großgruppenleiterin, Dozentin und Supervisorin, Vorsitzende des Berliner Instituts für Gruppenanalyse (BIG e.V.)

 

Das Ringen um Verständigung bestimmt unser Dasein in Gruppen, sei es als Mitglied eines Teams, Teilnehmende einer Arbeitsgruppe, als Leiter/in oder als Patient/in einer therapeutischen Gruppe.

Nicht selten stellt sich heraus, dass wir selbst dann, wenn wir scheinbar dieselbe Sprache sprechen, dass gemeinsam Gehörte unterschiedlich „übersetzen“ - und es nicht einmal immer bemerken. Wir hören, was gesprochen wird, unterschiedlich, gehen aber nicht selten davon aus, dass wir „das Gleiche“ verstehen würden. Wie ergeht es uns mit Eindeutigkeit und Uneindeutigkeit im therapeutischen Kontext?

Welche Zugehörigkeiten beeinflussen systematisch unsere Wahrnehmung des Gesprochenen? Wie kann es uns gelingen, Gruppenmitglieder zu ermutigen, ihre persönliche Übersetzung ans Licht zu bringen und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass sich aus den individuellen Unterschieden im Gruppenprozess Gemeinsamkeit entwickelt?

Das Seminar wird am Nachmittag in den Mittelpunkt stellen, dass es uns manchmal aus dem Blick gerät, welche Chancen darin liegen, dass unterschiedliche „Übersetzungen“ des gemeinsam Gehörten nebeneinander existieren. Mit welchen Mitteln können wir immer wieder neue Übersetzungshilfen selbst schaffen und bei anderen fördern? Wie lassen sich Übersetzungen „spielerisch“ gestalten?

Fragen von Verständigung, Resonanz und Bezogenheit werden anhand von praktischen Beispielen aus Gruppen verdeutlicht. Eigene Erfahrungen und Fallbeispiele sind selbstverständlich willkommen!  

Körperpsychotherapie und ihr Zugang zu unbewussten Körperprozessen

Dr. phil., Dipl.-Psych. Manfred Thielen

Psychologischer Psychotherapeut, Körperpsychotherapeut, Leitung des Instituts für Körperpsychotherapie Berlin, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Körperpsychotherapie (DGK)

 

Die Körperpsychotherapie, die Mitte der 30 er Jahre von Wilhelm Reich (1897-1957) begründet wurde, hat sich von Beginn an damit beschäftigt, wie sich abgespaltene und verdrängte Affekte und Gefühle im Körper repräsentieren. Reich hat in diesem Kontext den sog. Muskelpanzer entdeckt, der durch chronische muskuläre Kontraktion und eine entsprechende Atmung, diese Gefühle bindet. Durch die Erkenntnisse der Säuglings (D.Stern)-, Embodiment- und neurowissenschaftlichen Forschung kann der Prozess der prägenden Interaktionsformen zwischen den primären Bezugspersonen und dem Baby/Kleinkind nachvollzogen werden. In der Körperpsychotherapie wurden Begriffe wie affekt-motorische Schemata und Mikropraktiken entwickelt, um die unbewussten Interaktionsformen, die im Körpergedächtnis gespeichert sind, zu beschreiben. Mikropraktiken sind Strategien des Babys, Kleinkindes und Kindes im Umgang mit den Interaktionen und entsprechenden Störungen mit den Eltern bzw. den Erwachsenen.

In dem Workshop werden entsprechende Übungen und Interventionen vorgestellt, insbesondere zu den Mikropraktiken, die potentiell einen sinnlich erfahrbaren Zugang zum Körpergedächtnis herstellen können.